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Reportage
"Ich empfinde es als großes Glück. Irgendjemand hat wohl seinen großen Daumen über die Sache gehalten und mir sehr geholfen. Im anderen Fall wäre ich wahrscheinlich gestorben. Aber ich habe ein zweites Leben geschenkt bekommen und ich muß sagen, es hat sich auch vieles in meinem Leben geändert, vor allen Dingen meine Einstellung", sagt Horst Nietsch (67), Überlebender der Ramstein-Katastrophe.

Am 28. August 1988 stießen bei einer Flugschau auf dem US-Militärflugplatz italienische Flugzeuge einer Kunstflugstaffel zusammen. Eines davon stürzte in die Zuschauermenge. 70 Menschen starben. Horst Nietsch und seine Frau überlebten den Unfall schwer verletzt. Nietsch ist Hobbypilot. Nach seiner Genesung ist er gleich wieder in sein Ultraleichtflugzeug gestiegen. Fliegen ist seine Therapie, auch heute noch.

Die Katastrophe von Ramstein war der Anlass für den Trauma-Spezialisten Dr. Hartmut Jatzko und seine Frau Sybille, Gesprächstherapeutin, eine Katastrophennachsorgegruppe zu gründen. Sie wollten den Überlebenden, aber auch den Hinterbliebenen der Opfer eine Anlaufstelle schaffen und helfen.

Diese ehrenamtliche Katastrophennachsorge der Familie Jatzko gibt es immer noch. Mittlerweile ist sie deutschlandweit zum Zentrum für Menschen geworden, deren Leben sich durch eine Katastrophe schlagartig verändert hat. Hier treffen sich Überlebende und Hinterbliebene des Tsunami, des 11. September 2001, des Birgenair-Absturzes und vieler anderer Unfälle, Attentate und Naturkatastrophen.

Wer hierher kommt, sieht die Gruppe als Schicksalsgemeinschaft. Hier verlieren sie ihre Scheu, immer wieder von Neuem über die furchtbaren Erlebnisse zu sprechen. Michael Esper (43) hat mit seiner Frau Andrea und seinem Sohn Adrian am 11.04.2002 den Anschlag im tunesischen Djerba überlebt. Sie waren in der Al-Ghriba-Synagoge, als ein Selbstmordattentäter seinen mit Gasflaschen beladenen Kleinlaster in das heilige Gebäude rollte und eine riesige Feuerwalze entfachte.

Michael Esper konnte seinen Sohn in letzter Sekunde aus dem Feuer ziehen. Adrian war drei Jahre alt. Seine Haut verbrannte zu 50%. Seither musste der Junge über 40 Operationen über sich ergehen lassen, weitere werden folgen. Dennoch ist Adrian ein fröhliches, aufgewecktes Kind. Seine Eltern tun alles, damit ihr Sohn ein normales Leben führen kann. Der 11. April ist seit dem Attentat für sie zum Familiengeburtstag geworden. "Weil das Leben trotz vieler Opfer weiterging und vor allem, weil wir Adrian behalten konnten", sagt Michael Esper.

Der Film zeigt Menschen, die den Unfall von Ramstein, den Tsunami in Thailand bzw. das Attentat in Djerba hautnah miterlebt haben. Sehr persönlich berichten sie darüber, wie es ist, mit dem Leben davongekommen zu sein. Für manche grenzt das nach wie vor an ein Wunder. Aber es hat für immer Spuren an Leib und Seele hinterlassen.