TV Termine Zeitgeschichte
21. Juli, 6.20 - 7.55 Uhr (95 Min.) Spiegel Geschichte - SKY
Fernsehen unterm Hakenkreuz
Fernsehen unterm Hakenkreuz
Dokumentation, Deutschland 1999
Werder bei Berlin, man schreibt das Jahr 1941. Die Kirschen blühen, die Sprache des Berichterstatters tut es auch. "Es ist ein bisschen anders wie sonst", schwadroniert er ins Mikrofon, "viel innerlicher ist die Freude."
Als der Bürgermeister der Havelstadt hinzutritt, geht der Amtsschimmel mit dem flotten Reporter durch: "Wir möchten Ihnen gratulieren, daß Sie die Baumblüte auch in Kriegszeiten durchführen." Komik, unfreiwillig, aber immerhin Komik.
Vom Conférencier Willi Schaeffers, der 1936 zwischen den Darbietungen einer Lasso-Tänzerin und zwei Clowns vor die Kamera trat, lässt sich das nicht sagen - Humor so spaßig wie die Schaftstiefel der SS. "Ich freue mich", sagt der Entertainer mit dem Parteiabzeichen am Revers, "dass heute alles so wunderbar im Takt geht, auch wenn es hie und da noch so etliche Querpfeifer gibt."
Mit den Querpfeifern meint Schaeffers Anhänger der aufgelösten bürgerlichen Parteien und Musiker, die ihr Geld im Ausland verdienen. "Da machen wir wenig Federlesens. Die kommen für ihre weitere Ausbildung in ein Konzertlager, wo man ihnen so lange die Flötentöne beibringt, bis sie sich an eine taktvolle Mitarbeit gewöhnt haben." Klar, welchen Ort dieser Humormeister aus Nazi-Deutschland meint: die KZ, wo man gerade Abertausende Regimegegner zu Tode quält.
Die Szenen mit den Kirschblüten und den entsetzlichen Scherzen sind frühes Fernsehen, Bilder eines Mediums, das in Deutschland entwickelt worden war und das 1935 in Berlin mit dem "ersten regelmäßigen Fernsehprogrammbetrieb der Welt" seine steile Karriere im 20. Jahrhundert begonnen hatte.
Über diese frühen Jahre existieren Legenden, persönliche Erinnerungen der Beteiligten und eine umfassende Untersuchung, die Dissertation "Fernsehen unterm Hakenkreuz" des Sozialwissenschaftlers Klaus Winker.
Doch was bisher bis auf wenige Fragmente fehlte, waren bewegte Bilder aus den Pioniertagen eines Mediums, das noch über keine elektronischen Speichermöglichkeiten verfügte. Diese Lücke wird kleiner, denn Filme, die in Vergessenheit geraten waren und die die Arbeit des NS-Fernsehens belegen, existieren und können jetzt als Quelle genutzt werden.
Was einst nur wenige tausend Zuschauer erreichte, wird nun einem Millionenpublikum vorgestellt: SPIEGEL TV präsentiert vom kommenden Montag an Material, das der sogenannte Fernseh-Filmtrupp des Nazi-Fernsehens, der mit einem Wagen zu wichtigen und weniger wichtigen Ereignissen durch die Lande reiste, aufgenommen hat.
Im Staatlichen Filmarchiv der DDR lagerten nahezu ungenutzt 285 Rollen vergessene deutsche Mediengeschichte – über 30 Stunden Reportagen von Aufmärschen, Alltagsbegebenheiten und Unterhaltungsallotria. Die DDR machte einen Bogen um die Bilder vom Leben in der Diktatur - aus Furcht vor Ähnlichkeiten mit der eigenen Wirklichkeit?
Zutage tritt, was Kenner wussten, aber Beteiligte immer zu beschönigen versucht hatten: Das Nazi-Fernsehen war keine unpolitische Nische für Pioniere, sondern stand voll im Dienst der Propaganda.
Werder bei Berlin, man schreibt das Jahr 1941. Die Kirschen blühen, die Sprache des Berichterstatters tut es auch. "Es ist ein bisschen anders wie sonst", schwadroniert er ins Mikrofon, "viel innerlicher ist die Freude."
Als der Bürgermeister der Havelstadt hinzutritt, geht der Amtsschimmel mit dem flotten Reporter durch: "Wir möchten Ihnen gratulieren, daß Sie die Baumblüte auch in Kriegszeiten durchführen." Komik, unfreiwillig, aber immerhin Komik.
Vom Conférencier Willi Schaeffers, der 1936 zwischen den Darbietungen einer Lasso-Tänzerin und zwei Clowns vor die Kamera trat, lässt sich das nicht sagen - Humor so spaßig wie die Schaftstiefel der SS. "Ich freue mich", sagt der Entertainer mit dem Parteiabzeichen am Revers, "dass heute alles so wunderbar im Takt geht, auch wenn es hie und da noch so etliche Querpfeifer gibt."
Mit den Querpfeifern meint Schaeffers Anhänger der aufgelösten bürgerlichen Parteien und Musiker, die ihr Geld im Ausland verdienen. "Da machen wir wenig Federlesens. Die kommen für ihre weitere Ausbildung in ein Konzertlager, wo man ihnen so lange die Flötentöne beibringt, bis sie sich an eine taktvolle Mitarbeit gewöhnt haben." Klar, welchen Ort dieser Humormeister aus Nazi-Deutschland meint: die KZ, wo man gerade Abertausende Regimegegner zu Tode quält.
Die Szenen mit den Kirschblüten und den entsetzlichen Scherzen sind frühes Fernsehen, Bilder eines Mediums, das in Deutschland entwickelt worden war und das 1935 in Berlin mit dem "ersten regelmäßigen Fernsehprogrammbetrieb der Welt" seine steile Karriere im 20. Jahrhundert begonnen hatte.
Über diese frühen Jahre existieren Legenden, persönliche Erinnerungen der Beteiligten und eine umfassende Untersuchung, die Dissertation "Fernsehen unterm Hakenkreuz" des Sozialwissenschaftlers Klaus Winker.
Doch was bisher bis auf wenige Fragmente fehlte, waren bewegte Bilder aus den Pioniertagen eines Mediums, das noch über keine elektronischen Speichermöglichkeiten verfügte. Diese Lücke wird kleiner, denn Filme, die in Vergessenheit geraten waren und die die Arbeit des NS-Fernsehens belegen, existieren und können jetzt als Quelle genutzt werden.
Was einst nur wenige tausend Zuschauer erreichte, wird nun einem Millionenpublikum vorgestellt: SPIEGEL TV präsentiert vom kommenden Montag an Material, das der sogenannte Fernseh-Filmtrupp des Nazi-Fernsehens, der mit einem Wagen zu wichtigen und weniger wichtigen Ereignissen durch die Lande reiste, aufgenommen hat.
Im Staatlichen Filmarchiv der DDR lagerten nahezu ungenutzt 285 Rollen vergessene deutsche Mediengeschichte – über 30 Stunden Reportagen von Aufmärschen, Alltagsbegebenheiten und Unterhaltungsallotria. Die DDR machte einen Bogen um die Bilder vom Leben in der Diktatur - aus Furcht vor Ähnlichkeiten mit der eigenen Wirklichkeit?
Zutage tritt, was Kenner wussten, aber Beteiligte immer zu beschönigen versucht hatten: Das Nazi-Fernsehen war keine unpolitische Nische für Pioniere, sondern stand voll im Dienst der Propaganda.
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Bild: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz (bpk) - die Spezialagentur für Kunst, Kultur und Geschichte
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