TV Termine Zeitgeschichte

21. Juli, 13.15 - 14.00 Uhr (45 Min.) Phoenix
Wie die Mode nach Düsseldorf kam
Dokumentation
Mode und Düsseldorf scheinen untrennbar zusammenzugehören: Mannequins und Modeschöpfer, schicke Boutiquen und Haute Couture. Seit 60 Jahren misst sich die Metropole am Rhein selbstbewusst mit Mailand und Paris.

Ihr Aufstieg zur Modestadt begann erst in der Nachkriegszeit. Bis zum Zweiten Weltkrieg war Berlin das Zentrum der deutschen Mode. 90 Prozent der Damenoberbekleidung wurden in der Reichshauptstadt genäht und vermarktet.

Rund um den Hausvogteiplatz gab es 500 Konfektionsbetriebe. Die meisten gehörten jüdischen Besitzern. Unter den Nationalsozialisten wurden sie verfolgt, ihre Betriebe "arisiert". Wer nicht floh, wurde deportiert und ermordet.

1945 lag Berlin in Trümmern und damit auch das einstige Konfektionsviertel. Die Modemacher in Deutschland mussten von vorne anfangen. In Düsseldorf startete Hanns Friedrich, ein junger Schneidergeselle aus Hagen, seine Karriere als Modeschöpfer. "Ich hab in den Trümmern einen Umschlag gefunden, da stand drauf: ‚Sei helle, Brigitte - nimm Ullsteinschnitte!'

Das war damals die Grundlage meiner gesamten Mode", erinnert er sich. Not und Mangel machten erfinderisch: Aus einer Decke der Militärpolizei kreierte er einen Mantel, aus weich gekochten Zuckersäcken Blusen, aus Kartoffelsäcken und Sackleinen Anzüge, aus Lichtschaltern machte er Mantelknöpfe.

Während es bis zur Währungsreform kaum neue Kleidung zu kaufen gab und Deutschlands modebewusste Damenwelt alte Sachen umarbeitete oder aus Bettwäsche, Sofabezügen und Vorhängen Neues nähte, prägte in der Haute Couture Christian Dior mit seinem "New Look" den Stil der Zeit. Auch Hanns Friedrich ließ sich von ihm inspirieren.

Wie den jungen Couturier zog es schon bald immer mehr Modefirmen nach Düsseldorf. Berlin verlor durch seine Insellage an Attraktivität für die Branche. Endgültig aus dem Rennen war die in Sektoren aufgeteilte Stadt durch die Berlin-Blockade 1948.

Jetzt schlug Düsseldorfs Stunde als Modestadt: Am 9. Juli 1949 fand hier die erste große Modenschau nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Die Königsallee, damals schon Einkaufs- und Flaniermeile, wurde zum Laufsteg für 120 Mannequins. 17.000 Menschen erlebten den glanzvollen Auftakt von Düsseldorfs Modekarriere mit.

"Es war aber nicht nur eine Schau der Mode auf dem Laufsteg, sondern auch im Publikum. Die Düsseldorferinnen und alles, was sich dazu zählt, zeigten wieder einmal mit welch gutem Geschmack sie sich zu kleiden verstehen", schrieb stolz die "Rheinische Post".

Mit der Schau eröffnete die erste Modemesse der Welt: die IGEDO, die von zwölf Unternehmern gegründete "Interessengemeinschaft Damenoberbekleidung". 24 Bekleidungsfabrikanten zeigten ihre neuen Kollektionen.

Von da an ging es rasant aufwärts. Mode wurde zum Wirtschaftsfaktor für Düsseldorf. Anfänglich waren die Präsentationen auf der IGEDO ein wenig hausbacken. Professionelle Models gab es kaum.

Doch der Bedarf wuchs von Messe zu Messe, und so fand manche junge Frau hier eher zufällig einen Job - wie Renate Eisenlohr, die als Mannequin und Fotomodell Karriere machte. Allerdings haftete dem Beruf des Fotomodells lange etwas Unseriöses an. In den 50er Jahren galten für junge Frauen noch strenge Kleidervorschriften. Lippenstift und rote Fingernägel waren verpönt.

Auch wenn die Modebranche in den Wirtschaftswunderjahren boomte, blieb Mode zunächst ein Luxusartikel. Die Designermodelle eines Heinz Oestergaard, des ersten "Stars" unter Deutschlands Couturiers, waren ohnehin für die meisten Frauen unerschwinglich. Wer es konnte, schneiderte seine eigenen Kreationen. Selbst Genähtes war bis in die späten 50er Jahre üblich. Erst im nachfolgenden Jahrzehnt wurde aus dem Statussymbol Kleidung Massenware. Immer schneller wechselten nun die Moden.

Heute ist die Szene so bunt wie nie. Zweimal im Jahr trifft sich die Modewelt zur Messe in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Die "Collection Premiere Düsseldorf", die CPD, gilt nach wie vor als größte Modemesse der Welt.

Allerdings macht inzwischen das wiedervereinigte Berlin der Stadt am Rhein als Modemetropole Konkurrenz. Die Düsseldorfer bleiben dennoch optimistisch. "In Berlin wird gefeiert, und in Düsseldorf werden Geschäfte gemacht", meint der heute 82-jährige Hanns Friedrich.
Bild Bild: Models präsentieren 1969 neue Kleider während der Internationalen Modemesse "Igedo" in Düsseldorf. – Quelle: WDR  

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